Könnten
Sie als Bischof der Orthodoxen Kirche in Afrika die Gegenwart der Orthodoxie in
diesem gewaltigen und bevölkerungsreichen Kontinent heute charakterisieren -
angesichts der Tatsache, daί die griechische Presenz immer
mehr zurόckgeht ?
Durch
Gottes Gnade wurde mir die Ehre zuteil, Vorsteher des alten Patriarchates von
Alexandreia und ganz Afrika zu werden, dieses vom Apostel und Evangelisten
Markus, dem Zeugen sowohl des Lebens wie der glorreichen Auferstehung unseres
Heilandes Jesus Christus, gegrόndeten Patriarchates. Seit das Patriarchat im
Jahre 40 n.Chr. gegrόndet worden ist, hat sich das orthodoxe Christentum auf dem ganzen Schwarzen
Kontinent ausgebreitet: von Egypten bis nach Sόdafrika, von Ethiopien nach
Westafrika.
Ich
habe das Griechisch-Orthodoxe Patriarchat von Alexandreia oftmals als das
Patriarchat der armen Nationen dieser Erde bezeichnet. Es dient den Nationen
des Schwarzen Kontinents mit enormer Liebe und Ernsthaftigkeit ohne irgendeinen
Gedanken an eigennόtzige Motive oder gar an materielle Ausbeutung. Es verkόndet das Wort Gottes unseren
Mitmenschen - ohne Ansehen der Hautfarben, der Sprache oder Rasse.
Was
die Gegenwart der Orthodoxie in Afrika heute angeht, so möchte ich sie als
lebendig bezeichnen, allerdings auch als sehr unterstόtzung- und hilfsbedόrftig. Wir brauchen fehige
Mitarbeiter, die einen auίergewöhnlichen Glauben an Gott und Liebe fόr ihre Mitmenschen aufweisen.
Wir mόssen uns immer wieder klar machen, daί die Orthodoxie als eine
Kirche niemals statisch sein kann; sie wandelt sich mit den Zeiten. Wir können
nicht in den sόίen Treumen von einer glorreichen Vergangenheit leben, sondern wir mόssen uns unserer
Verpflichtungen gegenόber unseren Mitmenschen bewuίt werden und so
weiterschreiten in die Zukunft.
Die griechische Presenz mag in den Lendern Afrikas aufgrund von politischen Verenderungen, steigenden Kriminalitetsraten und Rόckbόrgerung usw. schwinden, aber das bedeutet nicht, daί die Orthodoxie damit auch schwinden wόrde. Die Nationen Afrikas begrόίen die Botschaft unserer Kirche mit groίer Freude und wissen die Ernsthaftigkeit unserer Intentionen wohl zu schetzen.
Das
grundsetzliche Problem, dem sich die Orthodoxe Kirche gegenόber sieht, ist heute, einen
geeigneten Klerus zu finden: Menschen mit glόhendem Eifer, die gewillt
sich, alles fόr die Mission zu opfern.
Was
die schwindenden griechischen Gemeinden angeht, so respektieren wir zwar ihre
Entscheidung, Afrika zu verlassen, aber wir bedauern doch, daί sie diesen Kontinent
verlassen, der ihnen so viel gegeben hat. Deshalb ermutige ich persönlich die
Griechen, in Afrika zu bleiben, wann immer dies möglich ist.
Aber:
Die Orthodoxie ist keine Sache nur fόr Griechen. Alle Völker haben
das Recht auf die Orthodoxie und die Weisheit, die Wahrheit und Fόlle des christlichen Glaubens,
wenn sie ihn wehlen. Ich will dabei keinerlei Druck ausόben oder versuchen, jemanden
einer Gehirnwesche zu unterziehen, aber wir sollten doch die Worte unseres
Herrn anwenden, der sagte: "Wer mir nachfolgen will ... ". Und auf
diesem Konzept basierend schreitet unsere Kirche voran - langsam, aber stetig.
Man
hat geschrieben, daί nach der Passivitet Ihrer
Vorgenger die Orthodoxie im 21. Jahrhundert aufblόhen wόrde. Bedeutet das auch, daί sich einheimische Afrikaner
der Orthodoxie zuwenden, und wenn ja, warum ?
Es
steht mir nicht zu, die Effektivitet oder Nichteffektivitet meiner Vorgenger zu
beurteilen: Dieses Urteil soll Gott im Jόngsten Gericht sprechen, wenn
die Werke aller Menschen beurteilt werden. Ich will selbst niemanden richten,
sondern mich darauf beschrenken zu fragen, was ich der Kirche Christi bringen
kann. Ich schaue dabei kritisch auf unsere Zukunft als Kirche in Afrika und
versuche unter Einbeziehung jeder individuellen Situation die notwendigen
Entscheidungen zu treffen. Zu diesem Zeitpunkt kann und will ich aber nicht
sagen, ob ich meine Aufgabe gut erfόlle, denn es ist nicht meine
Sache, meine eigenen Anstrengungen zu beurteilen. Gott wird mein Richter sein.
Als
Patriarch bin ich veranwortlich fόr die Aufsicht όber die Orthodoxe Kirche in
Afrika, und solange es der Wille unseres vielerbarmenden Herrn ist, will ich
als Sein demόtiger Diener im Weinberg arbeiten zum Wohle unserer Mitmenschen als Diener
der heiligen Mysterien Christi. Bei Zeiten wird dann die Geschichte die Frόchte unserer Arbeit
beurteilen. Laίt uns also geduldig sein.
Im
Hinblick auf den zweiten Teil Ihrer Frage, glaube ich, daί alle Menschen Hoffnungen, Treume
und Ideologien haben. Das ist auch nicht falsch oder negativ - es ist schlicht
menschlich. Wir alle haben Treume und glauben an bestimmte Vorstellungen, die
wir erfόllt sehen möchten. Jeder hat solche Ambitionen: Es were unnatόrlich, wenn wir sie nicht hetten.
Es
ist offensichtlich falsch, wenn man sich zur Orthodoxie flόchtet, weil sie einen sicheren
Hafen böte. Orthodoxie schlieίt Kampf und nicht Bequemlichkeit ein. Ein
orthodoxer Christ ist ein richtiger "Soldat Christi", ein Kempfer,
der immer fόr seine Sache eintritt. Er kempft sein ganzes Leben einen teglichen und nie
unterbrochenen Kampf. Denn in der Orthodoxie haben wir nicht die Erfahrung
religiöser "Augenblicke", sondern unser ganzes Leben ist geheiligt;
wir sind wahrhaft gesegnet durch unsere Teilhabe am sakramentalen Leben der
Kirche, durch das wir die Göttlichen Gnade des Heiligen Geistes empfangen.
Foto von hier |
Solche,
die geistlich faul oder indifferent sind, haben keinen Platz in einer solchen
Umgebung; nicht weil sie inadequat weren oder weil die Kirche ihnen
uninteressiert gegenόber stόnde, sondern weil sie sich durch ihr eigenes Verhalten von der Kirche
trennen. Sie wollen ja garnicht dazu gehören. Wenn Gott auch will, daί alle Menschen gerettet
werden, so respektiert Er doch die Freiheit des Wollens, wenn jemand nicht
gerettet werden möchte. Das ist der Grund, warum der religiös Uninteressierte,
der Verfόhrte oder der, der materielle Vorteile sucht, die Orthodoxie verschmeht.
Sie haben niemals wirklich in der Spiritualitet eines orthodoxen christlichen
Lebens gelebt, und so verlassen sie es, verraten es, wenden ihren Rόcken, ohne es je wirklich
verstanden zu haben.
Daraus
folgt: Die Orthodoxie ist fόr jeden Menschen erreicht; es liegt an uns, zu
entscheiden, wie die Orthodoxie in unserem eigenen Leben lebendig wird.
Kenya, von hier
Wie
nahmen die eingeborenen Afrikaner die Orthodoxie auf ?
Afrikaner
nehmen die Orthodoxie mit der schlichten Ernsthaftigkeit ihrer edlen Seelen
auf. Sie sind so einfache Menschen, und doch so reich in den echten Gefόhlen von Liebe und Gόte. So nehmen sie auch den
Glauben der Apostel ohne Zögern an, wenn sie vom orthodoxen Klerus angesprochen
werden, sofern sie selbst bereit sind fόr die Orthodoxie. Die Orthodoxie
ist die reine Religion, die sie nicht einfach nur erreicht, sondern ganz umfaίt - nicht aus Eigeninteresse,
sondern einfach, weil sie die Wahrheit Gottes bietet.
Wie
hilft das Missionswerk den Afrikanern in ihrem teglichen Leben ?
Das Ziel der orthodoxen Mission des Patriarchates von Alexandreia ist nicht nur, das Wort Gottes unter unseren afrikanischen Bόdern zu verbreiten, sondern auch, ihnen zu helfen bei der Anhebung ihrer Lebensstandards auf ein modernes Niveau: Schulen und Hospiteler werden eingerichtet; die eingeborenen Afrikaner erhalten Unterricht, wie man systematisch Viehzucht und Ackerbau entwickeln kann, so daί sie im Laufe der Zeit ökonomisch selbstendig werden. Das Patriarchat hat auch schon fόr verschiedene Studenten Studienpletze eingerichtet, nicht allein, um Theologie zu studieren, sondern auch andere Fachrichtungen und Wissenschaften wie Medizin, Jura und Literatur.
Wir
dόrfen auch nicht vergessen, daί dieser Einsatz von
Freiwilligen aus Griechenland, Finnland und anderen Lendern geleistet wird - im
Namen der Orthodoxen Kirche. An dieser Stelle möchte ich einen Aufruf an die
Mitglieder des Klerus richten sowie an die Mönche, die Erzte, Krankenschwestern
und alle, die die Fehigkeiten und den Wunsch haben, mit ihrem Einsatz
beizutragen zu dem heiligen Unternehmen, das Christentum zu unseren armen
afrikanischen Schwestern und Brόdern zu bringen: Kommt zu uns und wirkt mit bei
dieser schweren, aber bemerkenswerten und heiligen Aufgabe !
Die
Nationen des Schwarzen Kontinents werden in den Medien oft so dargestellt, als
seien sie unfehig, den Bedόrfnissen ihrer Menschen zu
entsprechen. Wόrden Sie der Auffassung zustimmen, daί die Orthodoxe Kirche eine
Einrichtung ist, die die Kraft hat, das menschliche Leiden in Afrika zu mildern
- und wenn ja, auf welche Weise ?
Es
ist wahr, daί die Mehrheit der afrikanischen Staaten sich ernsten ökonomischen Problemen
gegenόber sieht. Viele unserer lieben Brόder und Schwestern stehen vor
dem Hunger und sogar dem Verhungern. Nur allzu oft, sind sogar Grundnahrungsmittel
nicht verfόgbar, und die politische Situation verscherft heufig dieses Problem noch.
Die Orthodoxe Kirche kann dieses Problem nicht grundsetzlich lösen, aber sie
kann es angehen: Statt diese Dinge zu ignorieren, mόssen wir die eingeborenen
Afrikaner erziehen, damit sie ihren eigenen Staat, ihren eigenen Boden, ihr
eigenes Land zu nutzen verstehen, damit sie όberhaupt einen gewissen Grad
von Unabhengigkeit erreichen und auf eigenen Fόίen stehen. Ruhig, ohne groίes Aufheben, ohne
Fanfarenklang tuen wir vom Griechisch-Orthodoxen Patriarchat, was immer wir können,
um unseren bedrengten Mitmenschen zur Seite zu stehen. Das heiίt nicht, daί wir erwarten, die Kirche könne
alle unsere Probleme lösen; die Kirche wird jedoch in ihren Anstrengungen
fortfahren, weil sie immer auf der Seite all derer steht, die in Not sind.
Eine
andere grundlegende Rolle der Kirche besteht darin, Politiker heranzubilden im
Geiste christlichen Denkens. Die Mechtigen, die die Kontrolle όber die Welt ausόben wollen, mόssen aufwachen und das
Menschliche in jedem einzelnen Bόrger wahrnehmen. Es ist ihre
Aufgabe, so zu handeln, wie Gott dies will, denn auch sie sind Glieder seiner
Kirche. Statt Massenvernichtungswaffen zu bauen, sollten sie ihre Macht
anwenden, um das Problem des Hungers in der Welt zu lösen. Und statt Millionen
und Abermillionen fόr Raumfahrtprogramme zu verschleudern, die dem gemeinen Mann keinen Nutzen
bringen, sollten sie ihre Kenntnisse auf solche Felder wie die medizinische
Forschung lenken, auf Felder, die die Möglichkeit bieten, das menschliche
Leiden zu mildern. Gleichermaίen mόssen die groίen Korporationen ihre immensen
materiellen Interessen aufgeben und die Hand zu Freundschaft und Unterstόtzung ausstrecken.
Interview
veröffentlicht in der Zeitschrift "Nemesis";
όbersetzt nach dem vom Patriarchat publizierten englischen Text durch Kerstin Keller.
όbersetzt nach dem vom Patriarchat publizierten englischen Text durch Kerstin Keller.
Siehe auch
Patriarch Peter VII of Alexandria († September 11, 2004). Memory eternal!
WAS IST ORTHODOXIE?
Patriarchat von Alexandria und ganz Afrika
Orthodoxe Kirche der Elfenbeinküste: "Wage es zu lernen zu lieben statt zu hassen!"
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