Τετάρτη 3 Ιανουαρίου 2018

Der Welthunger – Produkt kapitalistischer Ausbeutung



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FASSADENKRATZER

„Ein Kind, das an Hunger stirbt, wird ermordet.“ Jean Ziegler

Wer glaubt, der Hunger in den Entwicklungsländern, sei ein Ergebnis der schwierigen geographischen und klimatischen Bedingungen, sowie der Rückständigkeit und der Unfähigkeit der dort lebenden Menschen, mit den Problemen fertig zu werden, unterliegt einem schweren Irrtum. Es ist ein Irrtum, der aus Unwissenheit und Gleichgültigkeit erwächst und in der großen Zahl dazu beiträgt, dass die wahren Ursachen nicht benannt, geschweige denn bekämpft werden und maßloses Elend, Leid, Krankheit und frühzeitiger Tod unter Milliarden Menschen weiter wüten können.

Bei Naturkatastrophen sind Spenden von Hilfsgütern und Nahrungsmitteln notwendig. Doch es geht um von Menschen inszenierte Dauer-Katastrophen, in denen Spenden partiell sicher lindern und das eigene Gewissen zum Schweigen bringen können – als dauerhafte Geste sind sie zynisch und entwürdigend, da sie die Ursachen unangetastet lassen und letztlich das Andauern der Katastrophe befördern. „Wohltätigkeit ist das Ersäufen des Rechts im Mistloch der Gnade“, brachte dies der große Schweizer Pädagoge Pestalozzi in ein drastisches Bild. Die Menschen benötigen weniger herablassende Gnade als die Wiedereinsetzung ihres natürlichen Rechtes auf Nahrung, Gesundheit und Leben in ihrem Lande.

Ausmaß und Folgen des Hungers

Nach der aktuellen Schätzung der Vereinten Nationen vom Oktober 2014 leiden weltweit rund 805 Millionen von insgesamt 7,2 Milliarden Menschen unter Hunger. Das sind knapp 11,2 Prozent der Weltbevölkerung oder jeder neunte Mensch. Dem Index der Welthungerhilfe zufolge ist das Ausmaß des Hungers in 14 Ländern „sehr ernst“, insbesondere in Afrika südlich der Sahara, sowie in Haiti, Laos, Timor-Leste und im Jemen. Eritrea und Burundi werden als „gravierend“ eingestuft; hier gelten mehr als 60 Prozent der Bevölkerung als unterernährt. In 39 Ländern gilt die Ernährungslage der Bevölkerung als „ernst“. Allerdings konnten auch nicht alle Entwicklungsländer erfasst werden; für Kongo, Afghanistan und Somalia beispielsweise fehlen verlässliche Daten.

Zum Hunger muss man den sogenannten „verborgenen Hunger“ hinzuzählen, den akuten Mangel an wichtigen Mikronährstoffen wie Vitamin A, B, D, Eisen und Jod. Ein Mensch, der chronisch fehlernährt wird, kann sich satt fühlen, aber trotzdem schwer erkranken und sterben. Am verborgenen Hunger leiden, unter Einbeziehung der Industriestaaten, weltweit 2 Milliarden Menschen, also fast jeder dritte Mensch.(1) In den 122 Ländern der Dritten Welt, in denen nahezu 80 % der Weltbevölkerung leben, verursacht die Mangelernährung eine Fülle von Krankheiten, Behinderungen und den Tod vieler Menschen. Viele leben von den großen städtischen Müllhalden.

Jean Ziegler, lange UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, schildert aus seinen Reiseerfahrungen: „Die calampas in Lima, die favelas in Sao Paulo oder die dreckigen Slums der smoky mountains in Manila sind Orte, an denen ein pestilenzialischer Gestank herrscht. In den smoky montains, wo eine halbe Million Personen leben, liegt überall der Fäulnisgeruch in der Luft. Ratten beißen Säuglinge ins Gesicht. In diesen Blechhütten füllen sich die Frauen, Kinder und Männer mit Nahrungsabfällen, die sie auf den Müllbergen auflesen, den Magen. Die Kalorienzufuhr mag also manchmal ausreichen. Die Zusammensetzung der Nahrung hingegen kann gefährliche Mängel mit sich bringen.“(2)

Die am weitesten verbreiteten Krankheiten, die von diesen Mängeln verursacht werden, sind der Kwashiorkor, Anämie, Rachitis und Blindheit. Die Opfer von Kwashiorkor bekommen einen geblähten Bauch, ihr Haar wird rot, ihre Gesichtsfarbe gelb, und sie verlieren die Zähne. Wer permanent unter Vitamin-A-Mangel leidet, erblindet. Alle vier Minuten erblindet in der Dritten Welt ein Mensch aus diesem Grunde! Die Anämie geht zumeist auf den Mangel an Eisen zurück, das zur Blutbildung unerlässlich ist. Der Kranke verliert alle Energie und jegliche Konzentrationsfähigkeit. Von den insgesamt 1,3 Milliarden Anämie-Kranken in der Welt haben ca. 800 – 1.000 Millionen Eisenmangel als Ursache. In der südlichen Hemisphäre sind das über 50 % der Frauen und 20 % der Männer. Babys zwischen sechs und vierundzwanzig Monaten, für die in dieser Zeit Eisen zu einer gesunden Bildung der Hirnneuronen extrem wichtig ist, werden bei Eisenmangel in ihrer Entwicklung stark beeinträchtigt. In den 49 ärmsten Ländern betrifft dies 30 % der Kleinkinder. Sie bleiben ihr Leben lang geistig zurück. Etwa 600.000 Frauen sterben pro Jahr während ihrer Schwangerschaft aufgrund eines schweren Eisenmangels.(2)

Mehr als eine Milliarde Menschen leiden an Jodmangel, der sich verheerend auf den Körper der Schwangeren und damit der Kinder auswirkt. Jedes Jahr kommen 18 Millionen Kinder mit geistigen Behinderungen zur Welt, die durch Jodmangel verursacht sind. Laut UNICEF kommen 15 % aller Neugeborenen schon untergewichtig zur Welt. 161 Millionen Kinder unter fünf Jahren sind als Folge von Mangelernährung unterentwickelt. Damit ist jedes vierte Kind unter fünf Jahren betroffen. Etwa 3,1 Mio. Kinder unter fünf Jahren sterben jährlich an den Folgen von Mangel- und Unterernährung; das sind rund 8.500 Kinder täglich. D. h. etwa alle zehn Sekunden stirbt ein Kind an Hunger oder dessen Folgen.1 Doch das ist kein unabänderliches Schicksal. Es ist menschengemacht. „Ein Kind das an Hunger stirbt, wird ermordet.“ (3)

Ursachen

Der Hunger ist die Folge von extremer Armut, wobei es hier um die absolute Armut in den Entwicklungsländern geht, bei der einem Menschen weniger als der Gegenwert von 1,25 US-Dollar pro Tag für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung steht. Von den 7,2 Milliarden Menschen auf der Erde leben nach einem UNO-Bericht von 2014 gegenwärtig 1,2 Milliarden in diesem äußersten Elend, weitere 800 Millionen sind unmittelbar davon bedroht.(4) Es ist ein Leben, das unter schlimmsten Entbehrungen von Nahrung, Kleidung, medizinischer Versorgung und Schulbildung menschliche Verwahrlosung und Entwürdigung bedeutet. Familien zerbrechen, Kinder werden früh Waisen, werden ausgesetzt, verstoßen oder fliehen und irren als Straßenkinder in den Städten umher, ohne Familie, Obdach und Hoffnung. Ihr Leben ist auf die ängstliche oder verschlagene Befriedigung ihrer kreatürlichen Bedürfnisse reduziert, minderjährige menschliche Tiere im Dschungel der Städte. Nur wenige erreichen die Volljährigkeit.(5)

Doch wo liegen die Ursachen dieser Verelendung menschlichen Daseins? Sie sind natürlich vielfältig. So spielen postkoloniale Strukturen in den Entwicklungs- und Schwellenländern, wie ungerechte Bodenverteilung und die Herrschaft einer ausbeuterischen Klasse eine Rolle. Darauf wird noch zurückzukommen sein. Aber die Hauptursache ist die Verschuldung durch das internationale Finanzkapital und dessen wirksamstes Durchsetzungs-Instrument, den IWF (s. Der Internationale Währungsfonds). Haben die Regierungen ihre Länder bei den internationalen Banken so hoch verschuldet, dass sie – oft durch unvorhergesehene Ereignisse – trotz Sparmaßnahmen und hoher Steuern den Zins- und Tilgungsdienst nicht mehr leisten können, ist der IWF als Kreditgeber letzter Instanz zur Stelle.

Sein Kredit, der aber nicht dazu dient, dem Land, sondern den Kreditgebern zu helfen, wird an die Bedingung harter Sparmaßnahmen und Profitanpassungsprogramme gebunden. Sie beinhalten meist tiefgehende Einsparungs-Diktate im Gesundheits- und Bildungsbereich, die unbegrenzte Öffnung des Marktes für ausländische Investoren und Waren, Ausrichtung des Exportes auf einzelne gut zu vermarktende Güter, Privatisierung von Staatsbetrieben und Staatseigentum und Abhängigkeit wesentlicher Regierungsmaßnahmen von der Zustimmung des IWF. Sie bedeuten den Verlust der Souveränität sowie Not und Elend ungeahnten Ausmaßes für die Bevölkerung, dagegen hohe Profite für die internationalen Investoren. Der Abbau von Importbeschränkungen z. B. führt dazu, dass billige Waren aus dem Ausland ungehindert ins Land fließen, was vor allem im Agrarsektor dramatische Folgen hat: Die Kleinbauern können mit den vielfach durch Subventionen des Auslandes (USA u. EU!) niedrigen Preisen nicht konkurrieren, verlieren ihre Lebensgrundlage und verarmen. Vor allem afrikanische Länder, die zuvor Nahrungsmittel exportiert hatten, wurden zu Importeuren und sind es bis heute geblieben. Hier herrschen in Wahrheit fremde Mächte mit versteckter Gewalt.

Jean Ziegler bringt es radikal auf den Punkt: „Die Herren des Wirtschaftskrieges plündern systematisch den Planeten. Sie attackieren die normative Macht der Staaten, sie zerstören die Volkssouveränität, untergraben die Demokratie, verheeren die Natur und vernichten die Menschen und deren Freiheit. Die Naturalisierung der Ökonomie, die ´unsichtbare Hand des Marktes` ist ihre Kosmogonie (Lehre von der Weltentstehung), die Profitmaximierung ihre Praxis. Ich bezeichne diese Kosmogonie und diese Praxis als strukturelle Gewalt. (…) Man braucht keine Maschinengewehre, kein Napalm, keine Panzer, um die Völker zu unterwerfen und unters Joch zu zwingen. Dafür sorgt heute ganz allein die Verschuldung. (…) Die subtile Gewalt der Verschuldung ist an die Stelle der sichtbaren Brutalität der Kolonialherren getreten.“ (6)

Rolle der herrschenden Klasse in den Entwicklungsländern

Der westliche Finanzkapitalismus könnte seine Herrschaft in den Ländern nicht ohne eine dort herrschende Schicht durchsetzen, die hinter glühendem öffentlichem Patriotismus letztlich seine Interessen vertritt und realisiert. Die Angehörigen dieser Klasse werden als Compradores (Käufer) bezeichnet; sie sind die von den neuen Feudalherren des Kapitals „gekaufte“ Bourgeoisie, die geistig und ökonomisch von ihren Herren völlig abhängig sind. Jean Ziegler unterscheidet zwei Typen: einmal die aus dem Kolonialismus überkommene Schicht der einheimischen Handlanger, die „zur neuen Führungsschicht des postkolonialen Staates aufgestiegen sind“, und zum anderen die von den ausländischen Mächten vor Ort beschäftigten „Direktoren und Führungskräfte, die wiederum örtliche Wirtschaftsanwälte, Journalisten usw. finanzieren und die (wenn auch diskret) die wichtigsten Generäle und die Polizeichefs in ihren Diensten haben.“ (7)

Diese Eliten haben sich zum Teil kulturell von der übrigen Bevölkerung völlig entfremdet. Vielfach im Westen ausgebildet, fühlen sich z. B. die Herrschenden Nigerias in ihren Zweitwohnungen am Montagu Place im Herzen Londons und bei den Pferderennen in Derby mehr zu Hause als in Nigeria. „Marbella, Algeciras, Cannes oder Cap Saint-Jaques sind die bevorzugten Aufenthaltsorte der Comprador-Klassen von Marokko, einem der ärmsten und korruptesten Länder in Nordafrika. Manche der luxuriösen Viertel von Miami werden fast ausschließlich von den Familien reicher Wirtschaftsanwälte oder Direktoren von multinationalen ausländischen Konzernen aus Kolumbien oder Ecuador bewohnt. Am Brickell Bay Drive haben die Comprador-Klassen der Karibik ihre Restaurants, ihre Clubs und ihre Bars, in denen sie unter sich sind.“(8)

Da die Comprador-Klassen schon lange an der Macht sind und ihr patriotischer Diskurs oft sehr eindrucksvoll ist, haben manche Völker sie als ihre „natürlichen“ Herrscher akzeptiert. Sie durchschauen nur schwer, welche Rolle diese in Wahrheit in ihrem Land spielen. Dabei genießen diese Eliten natürliche viele Privilegien und Vorteile. Von den Steuern nur wenig berührt, müssen die Hauptlast des Schuldendienstes der Mittelstand und die Armen tragen. Steht der Bau von Infrastrukturen, von Staudämmen, Straßen, Hafenanlagen und Flughäfen an und muss ein Minimum an Schulen und Krankenhäusern gebaut werden, nehmen sie allemal den bequemen Weg der Kreditaufnahme. Leicht lassen sich die Straßen vorrangig so bauen, dass sie zu ihren Latifundien führen, Häfen so ausbauen, dass der Export von Baumwolle, Kaffee und Zucker, an dem sie beteiligt sind, erleichtert wird. Und Binnenluftlinien dienen sowieso nur ihnen, da das Volk sich keinen Flug leisten kann. Für das Volk werden dafür Kasernen und Gefängnisse errichtet.

Entstehen und Wachsen der Schulden

Doch die Regierungen der Länder nehmen nicht nur Kredite aus wirtschaftlicher Notwendigkeit auf oder um der oberen Klasse, der sie angehören, Vorteile zu verschaffen. Ein wenig bekannter weiterer Grund liegt darin, dass sie zum Teil mit Bestechung oder Drohungen überhaupt erst kreditgeneigt gemacht werden und Agenten von Weltbank, IWF und Geheimdiensten ihnen mit Hilfe von gefälschten Gutachten übermäßige Kredite aufdrücken.(9) Bekannt geworden sind solche Praktiken insbesondere durch den Amerikaner John Perkins, der in seinem Buch „Bekenntnisse eines Economic Hit Man“ beschreibt, als früherer Chefökonom der Strategie-Beraterfirma Chas. T. Main Agent des US-Geheimdienstes NSA gewesen zu sein. Er hatte neben vielen anderen die Aufgabe,

den US-Geheimdienstbehörden und den multinationalen Konzernen zu helfen, ausländische Staatsoberhäupter dazu zu verleiten und ggf. zu erpressen, der US-Außenpolitik „zu dienen“ und der US-Wirtschaft lukrative Aufträge zu verschaffen. Im Wesentlichen sei es darum gegangen, Staaten höhere US-amerikanische Kredite zu verschaffen als sie ökonomisch verkraften konnten; durch deren so herbeigeführte Zahlungsunfähigkeit habe sich die USA weitreichende Einflusszonen, u.a. zur Gewinnung von Rohstoffen, in den jeweiligen Ländern gesichert. Staatschefs, die sich auf solche „Deals“ nicht einlassen wollten, seien von den USA mit geheimdienstlicher Hilfe aus dem Weg geräumt worden. Perkins nennt in seinem Buch explizit die früheren Präsidenten Panamas und Ecuadors, Omar Torrijos und Jaime Roldós, die beide bei mysteriösen Flugzeugabstürzen 1981 ums Leben kamen.(10)

Die Auslandsschulden der 122 Staaten der südlichen Hemisphäre beliefen sich 2005 insgesamt auf mehr als 2,1 Billionen Dollar.(11) Diese Summe ist nach Angaben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in den Jahren bis 2014 auf über 4 Billionen Dollar angestiegen. Die Schulden erwürgen die Länder. Der Kapitalfluss von Süden nach Norden ist höher als umgekehrt. Im Jahr 2005 z. B. betrug die öffentliche Entwicklungshilfe der Industrieländer des Nordens für die Länder der Dritten Welt insgesamt 58 Milliarden Dollar. Als Schuldendienst flossen dagegen im selben Jahr zu den Banken des Nordens 482 Milliarden Dollar. Dies illustriert anschaulich die „strukturelle Gewalt, die in der heutigen Weltordnung am Werk ist.“ (12)

Der ständig wachsende Schuldendienst verschlingt den größten Teil der Ressourcen der armen Länder. Für soziale Investitionen in Schulen, Krankenhäuser, Sozialversicherungen usw. bleibt nichts mehr übrig. Jean Ziegler macht für das erdrückende Wachstum der Schuldenberge folgende Hauptgründe aus:

1) Die Preise der benötigten Industriegüter (Maschinen, Lastwagen, Medikamente, Zement usw.), die sie zum Großteil importieren müssen, haben sich auf dem Weltmarkt im Laufe der Jahre versechsfacht, während die Preise für die landwirtschaftlichen Rohstoffe (Baumwolle, Rohrzucker, Erdnuss, Kakao, Kaffee), die sie zumeist exportieren können, ständig gesunken sind. So mussten sie immer neue Kredite aufnehmen, um Zins und Tilgung finanzieren zu können.

2) „Die schleichende Korruption und die Hand in Hand mit Schweizer, amerikanischen und französischen Privatbanken organisierte Veruntreuung hat verheerende Ausmaße angenommen.“ Das Privatvermögen von Mobuto, des verstorbenen Diktators von Zaire, heute Kongo, z. B. belief sich auf 8 Mrd. Dollar. Die Auslandsschuld der Republik Kongo betrug 2004 etwa 13 Mrd. Dollar.

3) Die internationalen Gesellschaften in der Lebensmittelindustrie, der Industrie, im Handel, im Dienstleistungssektor und die internationalen Banken kontrollieren weite Sektoren der Wirtschaft in den Ländern der südlichen Erdhälfte. Ihre zumeist astronomischen Gewinne werden jährlich an die Firmensitze in Europa, Nordamerika oder Japan zurückgeschafft. Nur ein Bruchteil wird vor Ort reinvestiert.

4) „Die meisten transkontinentalen Gesellschaften, die in der Dritten Welt arbeiten, verwenden Patente, die im Besitz der Holding der Gesellschaft sind. Perulac und Chiprodal z. B., die Gesellschaften von Nestlé in Peru und Chile, hängen von der Nestlé Holding ab, die im Handelsregister (…) in der Schweiz eingetragen ist.“ Für die Verwendung dieser Patente müssen Lizenzgebühren bezahlt werden, die genauso wie die Profite ihren Weg in die Herkunftsländer nehmen.

5) Auf dem Weltkapitalmarkt sind die Länder und Unternehmen der Dritten Welt Schuldner mit hohem Risiko. Deshalb verlangen die internationalen Banken unvergleichlich höhere Zinsen als von den Industriestaaten des Nordens.(13)

Fazit

„Wie ein menschlicher Körper nach einer Aggression und einer schweren Verletzung sein Blut verliert, genauso müssen die Länder der südlichen Erdhälfte mit ansehen, wie ihre lebenswichtige Substanz zerstört wird aufgrund der Plünderung durch die Gläubiger, den IWF und deren Komplizen, die Comprador-Klassen.“(14) Und die Menschen bleiben und versinken weiter in Armut, leibliche und seelische Verelendung, Hoffnungslosigkeit, Krankheit und frühzeitigen Tod.

Was sind das für Menschentypen, die, hochbezahlt, in eleganten Anzügen oder Kostümen in den teuren Büros der glitzernden Banken und des IWF sitzen, und nüchtern ihre Analysen und Strategien erstellen? Was geht in diesen Technokraten und Söldnern des Profites Weniger vor, denen es in erster Linie auf die Verwandlung dieser Länder in Regionen des alles beherrschenden liberalen Marktes ankommt, in dem die Einheimischen nicht konkurrieren können, auf die Privatisierung der öffentlichen Güter, die freie Zirkulation des Kapitals und der Waren, um die Länder bestmöglich auszubeuten – ohne Rücksicht auf das maßlose Leid der betroffenen Menschen? „Die Gesetze des Marktes sind unumgehbar, unwandelbar. Träumen nutzt nichts“, sagte ein eleganter Söldner des IWF zu Jean Ziegler. Und das Entsetzliche: Er meinte es völlig ehrlich.(15)

Blind und taub für Elend, Krankheit und Tod, die sie hervorrufen, in ihrer eigentlichen menschlichen Qualität verkrüppelt und zurückgeblieben, üben die Technokraten des Wirtschaftsimperialismus über das Leben hunderter Millionen Menschen, Kinder und Frauen in Asien, Afrika und Südamerika ihre Macht aus. Wenn sie die Massenvernichtungswaffen der strukturellen Gewalt in Stellung bringen und aus der Ferne in den Computer klicken – wie unterscheidet sich das vom Ausklinken der Atombombe in 10.000 m Höhe über Hiroshima? Die letztere erregt durch die Gewalt der Explosion und die schlagartige Vernichtung von ca. 80.000 Menschen an einem Ort ungeheures Aufsehen; die strukturelle Gewalt des Finanzkapitalismus besorgt die Vernichtung schleichend und weitgehend unbemerkt von der Weltöffentlichkeit. Das Ergebnis ist das gleiche, nur mit dem Unterschied, dass die Opfer der schleichenden Vernichtung durch Hunger nicht spektakulär mit einem Schlag, sondern ständig und weiträumig verteilt getötet werden, (2011) 57.000 jeden Tag, 20 Millionen im Jahr. Menschen die an Hunger sterben, werden ermordet. (hl)


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1 Welthunger-Index 2014 http://www.welthungerhilfe.de/whi2014.html
2 Jean Ziegler: Das Imperium der Schande, Goldmann TB 2008, S. 130 u. f.
3 a. a. O., S. 18
4 Spiegel-online vom 24.7.2014
5 Jean Ziegler a. a. O., S. 51 f., 136 f.
6 a. a. O., S. 16, 17, 87, 88
7 a. a. O., S. 89
8 a. a. O., S. 90, 91
9 Eberhard Hamer, „Zeit-Fragen“ vom 28.1.2013
10 Wikipedia – John Perkins: http://de.wikipedia.org/wiki/John_Perkins_%28Autor%29
11 Jean Ziegle a. a. O., S. 17
12 a. a. O., S. 87
13 a. a. O., S. 98, 99
14 a. a. O., S. 99
15 a. a. O., S. 104

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